Liebe Leserinnen und Leser,

gerne stellen wir Ihnen nachfolgend einen Artikel aus der Körperpsychotherapie (KPT) vor, der die Erfahrungen einer unserer Dozentinnen aus ihrer praktischen Arbeit beschreibt.

„Vor Schreck bleibt mir der Atem stehen“ … „Meinen Standpunkt verlass‘ ich nicht“ … „ Mir ist eine Laus über die Leber gelaufen“ – viele Redewendungen und Sprichwörter beziehen sich selbstverständlich auf die natürlich Einheit von Körper, Seele und Geist.

Alles, was wir in unserem Leben erlebt haben, wird nicht nur im Gedächtnis gespeichert, sondern auch im Körper. Vielleicht haben Sie schon einmal erlebt, dass ein Geruch eine Kindheitserinnerung hervorruft und gleichzeitig damit die besondere Stimmung der Situation. Oder Sie begegnen einem Menschen, der unangenehme Gefühle und Körperreaktionen in Ihnen auslöst, welche Sie eigentlich für die aktuelle Situation als zu heftig empfinden. Wenn wir jetzt versuchen, uns über den Verstand zu beruhigen, gelingt dies nur teilweise oder gar nicht. Denn der Körper reagiert aufgrund seiner abgespeicherten Erfahrungen.

In meiner praktischen Arbeit erlebe ich immer wieder, dass die Klienten und Patienten sprachlich kompetent sind und dennoch über Sprache nicht an ihre Themen gelangen können.
In der Bewegung kann der Klient sich selbst begegnen und auch erkennen.

In meiner Tätigkeit als Bewegungs- und Körpertherapeutin in einer psychiatrischen Klinik erlebte ich Folgendes: an einer Zweiergruppe nahm eine Patientin teil, die sehr wenig in Erscheinung tritt. Nun bereitete ich eine Übung zur Körperwahrnehmung mit den Patientinnen vor und bat diese, zu überprüfen, ob sie an einem für sie angenehmen Ort stehen und ob sie genügend Raum um sich hätten. Eine Patientin blieb stehen, auf Nachfrage überlegte sie und trat einen großen Schritt zurück und sagte: „ Ich trete aus dem Kreis heraus“. Ihr war es nicht möglich, einen Platz in der Gruppe einzunehmen und teilzunehmen. Die Fall führende Therapeutin nahm diese Situation als Anlass, mit der Patientin dieses für sie typische Verhalten aufzugreifen und ihr vor Augen zu führen, dass sie sich im Moment nicht auf die Therapie einlässt.

In einer Zweiergruppe mit anorektischen Patientinnen nahm eine Patientin teil, welche deutliche Schwierigkeiten in der Nähe-Distanz-Regulation hatte. Entweder ließ sie keinen Kontakt zu oder suchte die „Verschmelzung“. Nun gestalteten die Patientinnen jeweils ein Körperbild, das mit eigenen Anteilen gefüllt werden sollte. Als wir diese im Anschluss gemeinsam besprachen, meinte die Mitpatientin, dass sie sich nicht sicher sei, ob sie ihr Bild gut genug fände, aber so wie das der Mitpatientin wolle sie auch nicht sein. In diesem Moment stolpert die Patientin. Auf Nachfrage wich sie erst mal aus und fand dann die Erklärung, dass es ihr wegen ihrer Brille manchmal schwindlig würde. Meine Interpretation der Situation ist, dass sie den Boden unter den Füßen verloren hat, als sich die Mitpatientin von ihr distanzierte.

In der körper- und bewegungstherapeutischen Arbeit besteht die Kunst darin, je nach Möglichkeiten der Patientinnen ein passendes Angebot zu gestalten. Ich erlebe PatientInnen, welche die Anregungen und Ideen innerhalb kürzester Zeit aufnehmen und für sich nutzen. Sie sind erleichtert, dass ihre Körperreaktionen für ihre Situation normal sind und lernen sich besser zu verstehen. Andere fühlen NICHTS in ihrem Körper, sie sind nicht in der Lage mit der Wahrnehmung in ein Körperteil zu spüren. Das bedeutet, dass sie auch Bedürfnisse nicht identifizieren können.

Andere wiederum zeigen eine gut entwickelte Körperwahrnehmung, können jedoch das Denken und das Fühlen nicht zusammenbringen.
Die Kunst in der Therapie ist, ein angemessenes Angebot für jeden einzelnen Patienten zu gestalten. Hierfür greife ich auf Methoden der Gestalttherapie, der Traumatherapie, der Atemtherapie, der Mototherapie und verschiedener körpertherapeutischer Ansätze zurück sowie auf meine langjährige Berufserfahrung in verschiedenen pädagogischen und therapeutischen Arbeitsfeldern.

Akademie für Psychotherapie

Dorothea Durchholz
Dipl. Motologin
www.psychotherapie-durchholz.de