Liebe Leserinnen und Leser,

Depressionen gehören weltweit zu den häufigsten psychischen Störungen. Studien zufolge erkrankt jeder siebte einmal im Leben an einer Depression. Etwa 12% der Männer und rund 20% der Frauen.

Das ändert leider nichts an der Tatsache, dass bis heute psychische Erkrankungen immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft sind. Eine kleine Ausnahme bildet das sogenannte Burnout, die aktuelle „Lieblingsdiagnose“ deutscher Medien. Nach landläufiger Meinung bekommen Menschen ein Burnout, die viel arbeiten, also fleißig sind. Nicht nur im Land der „Schaffer“ und „Häuslebauer“ schon fast eine Auszeichnung.

Dazu muss man wissen, dass in Fachkreisen ein Burnout nur als Forschungsdiagnose verwendet wird. Forschungsdiagnosen werden für Störungsbilder vergeben, die noch erforscht werden.

Unter anderem wird erforscht, ob überhaupt eine Notwendigkeit besteht, eine neue Diagnose offiziell in die diagnostischen Leitlinien (ICD10, DSM IV) aufzunehmen. Der fachliche Streit über die Aufnahme-Notwendigkeit der Diagnose Burnout hält sich allerdings in Grenzen, weil es bereits eine zutreffende Diagnose gibt. Wie so oft ist das Problem, dass diese Diagnose mit deutscher Bezeichnung keiner haben will: Erschöpfungsdepression.

Obwohl oder gerade weil das Wort „Burnout“ übersetzt lediglich „ausgebrannt“ bedeutet und, obwohl oder gerade weil das deutsche Wort die (Teil)Ursache gleich mitliefert, ist die Erschöpfungsdepression eher „unsexy“.

Ursachen von depressiven Episoden

Die Ursachen sind vielfältig und es kann niemand behaupten, er kenne die genaue Ursache einer Depression. Depressionen können auftreten nach traumatischen Ereignissen wie Unfällen, dem Verlust des Partners oder der Kinder. Eine normale Trauerreaktion nach einem Todesfall eines nahen Angehörigen beinhaltet in der Regel bereits depressive Symptome, die aber nicht zwingend behandelt werden müssen.

Vor Aufnahme einer psychotherapeutischen Behandlung müssen organische Ursachen, wie z.B. Erkrankungen oder Schädigungen des Gehirns von einem Arzt abgeklärt werden.

Vergleichsuntersuchungen von eineiigen und zweieiigen Zwillingen haben gezeigt, dass es eine genetische Veranlagung für Depression gibt. Eine solche genetische Disposition wird allerdings heute bei fast allen Erkrankungen vermutet.

Biologisch betrachtet, geht man von einer Stoffwechselstörung im Gehirn aus. Genauer gesagt wird eine Störung von Hirnbotenstoffen (sogenannten Neurotransmittern) vermutet. Serotonin und/oder Noradrenalin werden im synaptischen Spalt zu schnell abgebaut. Dies kann medikamentös mit entsprechenden Antidepressiva ausgeglichen werden.

Auch das soziale Umfeld spielt eine Rolle. Hat ein Patient in der Kindheit überdurchschnittlich viele Verluste/Zurückweisungen erlitten und sich daher mehr und mehr zurückgezogen, verliert er positive Verstärker. Durch die Entwicklung negativer Gedanken über sich selbst und die Welt, kommt es zu dem, was therapeutisch als erlernte Hilflosigkeit bezeichnet wird. Nicht selten entwickelt sich daraus auch die Ansicht, dass negative Ereignisse selbst verschuldet sind. Erfolge dagegen werden nicht als eigener Verdienst anerkannt, sondern eher dem Zufall oder glücklichen Umständen zugeschrieben.

Psychosozialer Stress ist ein zusätzlicher Faktor, der einerseits durch eine immer schneller werdende Arbeitswelt, andererseits auch durch belastende Erfahrungen in der Kindheit entstehen kann. Belastungsfaktoren oder Ausnahmesituationen wie Kündigung, Scheidung oder Krankheit können dann bewusste oder unbewusste Erinnerungen an negative Kindheitsereignisse reaktivieren, was eine undifferenzierte negative Stimmung auslöst. Durch selbstkritische Beobachtung und einsetzende negative Gedankenkreise entsteht eine Blockade. Durch zunehmenden Rückzug werden zwangsläufig immer mehr positive Ereignisse verpasst, was zu einem Teufelskreis führt, in dem nur noch negative Dinge wahrgenommen werden.

Wie äußert sich eine Depression?

Depressionen werden in drei Stufen eingeteilt. Leichte, mittelgradige und schwere depressive Episoden. Die Unterscheidung erfolgt lediglich nach Anzahl der verschiedenen Symptome.

Depressive fühlen sich niedergeschlagen und traurig, haben keine Interessen mehr an Dingen, die sonst Freude bereiten und klagen häufig über verminderten Antrieb und Schlafstörungen. Nicht selten ist ein deutlicher Verlust des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten und ein vermindertes Selbstwertgefühl vorherrschend. Schuldgefühle und (unbegründete) Selbstvorwürfe bis hin zu Suizidabsichten können ebenso auftreten. Außerdem können eine Vielzahl körperlicher Symptome wie veränderter Appetit, Gewichtsveränderungen und Libidoverlust mit einhergehen.

Die Symptome bestehen die meiste Zeit des Tages über mindestens zwei Wochen lang.

Eine chronische Depression (Dysthymia) liegt vor, wenn jemand über zwei Jahre an den meisten Tagen niedergeschlagen ist und an Merkmalen leidet wie Schlaf-, Konzentrationsstörungen oder Selbstwertprobleme, Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit.

Depressionen können sich auch mit manischen Episoden abwechseln. Man spricht dann von einer Bipolaren Störung. Vereinfacht ausgedrückt ist eine Manie das Gegenteil einer Depression und ist gekennzeichnet durch übertrieben gute (manchmal gereizte) Stimmung, innere Unruhe, ein verringertes Schlafbedürfnis sowie ein überhöhtes Selbstwertgefühl bis hin zu Größenwahn. Die Betroffenen sind typischerweise distanzlos, schmieden unrealistische Pläne und sind leicht ablenkbar.

Ihre Umwelt empfindet Maniker oft als anstrengend. Da keine Kranheitseinsicht besteht, ist es schwer, solche Menschen in ihrem Eifer zu bremsen. Eine Manie sollte unbedingt medikamentös behandelt werden. Die Einnahme von Psychopharmaka macht in diesen Fällen eine Psychotherapie oftmals überhaupt erst möglich.

Wie behandelt man Depressionen?

Zunächst sei angemerkt, dass dieser Artikel keinesfalls zur Selbstdiagnose anregen soll und auch nicht das Gespräch oder eine Behandlung durch Ärzte oder Therapeuten ersetzen kann!

Je nach Schweregrad der Depression sind unterschiedliche Behandlungen indiziert.

Wenige und leichte Symptome können eventuell durch Beratung, Anleitung zu Stressbewältigung und Erlernen von Entspannungsverfahren (Progressive Muskelentspannung/PMR, Autogenes Training, Yoga u.v.m.) gelindert werden.

Ansonsten empfiehlt sich eine psychotherapeutische Behandlung und/oder eine Behandlung mit Medikamenten.

In jedem Fall sollte spätestens bei einer Dauer der Symptomatik von mehr als zwei Wochen professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Nach Ausschluss organischer Ursachen durch entsprechende Fachärzte kann dann das weitere Vorgehen (Psychotherapie und/oder Psychopharmaka) festgelegt werden.